Kinder und Puppen
Die Vorstellung, Kinder mit Puppen spielen zu lassen, war in der westlichen Kultur lange Zeit verpönt. Man sah das Spielen als verschwendete Zeit an. Kinder wurden wie kleine Erwachsene behandelt, die eine entsprechende Rolle übernehmen mussten, auch in der beruflichen Welt. Dieses Menschenbild begann zur Zeit der Renaissance zu wackeln und wandelte sich vollständig in der Epoche der Aufklärung. Fortschrittliche Denker ihrer Zeit trugen erheblich dazu bei, z. B. Jean-Jacques Rousseau mit seinem Bestseller „Emile“. Die Pädagogen begannen zu begreifen, dass das Seelenleben der Kinder anders aufgebaut ist das der Erwachsenen. Man gestand den Kindern mehr Freiraum für das Spielen.
Viele Eltern begreifen dennoch den pädagogischen Wert des unstrukturierten Spielens nicht oder nur teilweise. Heimlich betrachten sie das unstrukturierte Spiel immer noch als Zeitverschwendung. Viel wichtiger sei das Lernen, denn es bereite auf das Leben vor.
Warum spielen Kinder mit Puppen und welchen pädagogischen Wert hat das freie Spiel?
Die dänische Psychotherapeutin Iben Dissing Sandahl hatte mehrere Bücher über Kindererziehung verfasst. In diesen erfolgreichen Werken greift sie auf das Wissen zurück, das sie im Laufe ihrer langjährigen beruflichen Tätigkeit erworben hatte. Sie betrachtet das Spielen als äußerst wichtig: Es helfe den Kindern, zu glücklichen Erwachsenen zu werden, die ein erfülltes Leben führen. Die Kinder spielen Situationen aus dem täglichen Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Dies helfe den Kindern, eigene Ansichten und einen gefestigten Charakter zu entwickeln, einen „inneren Kompass“. Sie finden Antworten auf Fragen, die sie sich stellen. Im Laufe des unstrukturierten Spiels erwerben die Kinder Resilienz und soziale Kompetenzen, lernen sich selbst und ihre Umwelt besser kennen. Da die Puppen den Menschen so ähnlich sehen, stellen die Kinder eine emotionale Bindung zu diesen her. Bei einem ausgelassenen und unstrukturierten Spiel in einer angenehmen Umgebung fühlen die Kinder sich angenommen und lernen: „Ich bin richtig und willkommen, so wie ich bin.“
(Bildquelle: Pixabay.com – CC0 Public Domain)